Warum zögern Marketing-Leute beim Thema KI?

Die Begeisterung über Künstliche Intelligenz ist auch im Marketing groß. Allerdings werden die Werkzeuge kaum in der Praxis genutzt.

Künstliche Intelligenz ist mehr als Chat-GPT, Midjourney, Claude oder der Microsoft Copilot. KI wird bereits in der Logistic eingesetzt, um die Lagerverwaltung und den Versand zu optimieren, oder in der Fertigung, mit Maschinen, die sich vielleicht noch nicht selbst reparieren können, dafür aber zumindest wissen, was ihnen fehlt. Doch die eigentliche Sensation vor gut einem Jahr war doch die Einfachheit, mit der jeder Chat-GPT von Open AI verwenden und in seine privaten wie beruflichen Abläufe einbinden konnte. So hat schon kurz nach dem Start ein Kollege von mir sich von Chat-GPT seine Kündigung schreiben lassen, ein anderer nutzte den Bot zum Verfassen von Google Ads-Texten.

Chat GPT Meme

Worauf ich hinauswill, (noch) spuckt die einfach verwendbare KI, für die Chat-GPT stellvertretend steht, vor allem Texte und Bilder aus. Zwei Dinge, die im Marketing enorm wichtig sind. Und genau das denken auch 89% der Marketingverantwortlichen. Das ist schön. Allerdings nutzen nur 12% tatsächlich KI und nur 5% nutzen sie intensiv. Das ist eher schlecht.1 Die Ergebnisse zeigen also eine große Diskrepanz zwischen dem wahrgenommenen Potenzial von KI im Marketing und dem tatsächlichen Einsatz.

Marketing ist schon heute einer der wichtigsten Anwendungsbereiche von KI

Die wichtigsten Anwendungsbereiche von KI im Marketing sind die Content-Erstellung, die Datenauswertung und die Trendanalyse großer Datenmengen. Auch im Kundenservice kommen KI-Tools wie Chatbots und personalisierte Ansprache zur Kundenbindung bereits zum Einsatz, und sind besser denn je (nicht das die früher gut gewesen wären). Die strategische Marketingplanung, der Vertrieb und die Verbesserung von Marketingprozessen bleiben jedoch den Umfrageergebnissen nach vorerst in menschlicher Hand.

Warum dieses Zögern? Gut, die Zeiten in denen die deutsche Wirtschaft bei neuen Entwicklungen führend oder zumindest vorn dabei war, die sind vorbei. Dann gibt es natürlich den urdeutschen Fetisch des Datenschutzes. Hermann der Cherusker ließ die Legionen des Varus bekanntlich nur niedermetzeln, weil Rom sich geweigert hatte, die 104seitige Datenschutzerklärung zu unterschreiben. Allerdings dürfte ein Hauptgrund für das Zögern auch ein Thema sein, das uns alle umtreibt, sobald die Sprache auf das Thema KI kommt: die Angst durch eine KI im Job ersetzt zu werden.

Ist der Jobverlust realistisch? Absolut!

Wird es keine Marketingmenschen mehr geben? Nein, natürlich wird es sie weiterhin geben.

Kommte ein Agentursterben auf uns zu?

Ich glaube zum Beispiel das KI das Verhältnis von In-House-Marketing und Agentur komplett verändern wird. Unternehmen werden schnell herausfinden, dass sie viel kreative Arbeit von den Agenturen zurückholen können, ohne dabei einen großen Qualitätsverlust zu erleiden. Agenturen werden an Bedeutung verlieren. Schlechte Agenturen verschwinden wohl endgültig, durchschnittliche werden es schwer haben und mehr denn je von charismatischen Vertrieblern abhängen und weniger von der Qualität ihrer Arbeit. Richtig gute Agenturen aber werden sicher überleben und auch weiter Aufgaben bekommen. Zum einen die anspruchsvolleren Kreativleistungen, die die KI noch nicht liefern kann. Zum anderen funktionieren Chat-GPT oder Midjourney ja nur, wenn ein Mensch ihnen durch einen Prompt mitteilt, was er erwartet. Und das Ergebnis hängt davon ab, wie gut der Mensch promptet. Es sei denn der Chip, den Elon Musk seit kurzem verpflanzen lässt, überträgt tatsächlich irgendwann unsere Gedanken in dieser komplexen Form an eine Maschine. Aber selbst dann, müssen wir uns immer noch vorstellen, was wir als Ergebnis haben möchten. Heute müssen wir uns sogar vorstellen was wir wollen und das dann in einen Prompt auch noch ausformulieren. Das klingt einfach, ist es aber heute (noch) nicht. Zuweilen muss man Chat-GPT Dinge erklären, wie man sie einem Fünfjährigen erklären würde. Und bei Midjourney überzeugt inzwischen eher die detailgenaue Qualität der Bilder, als dass die KI erraten würde, was man eigentlich sehen will.

Prompter ist kein Beruf mit Zukunft

Manche Unternehmen suchen deshalb aktuell sogar Prompter. Allerdings wird der noble Beruf des Prompters wahrscheinlich ebenso schnell wieder verschwinden, wie der des Googlers. Ja, es gab mal eine kurze Epoche, da haben Firmen Leute eingestellt, deren Aufgabe es war zu googeln. Irgendwann konnte das aber dann doch jeder, d.h. eigentlich wurde Google immer besser aus dem wirren Nonsens der Leute herauszulesen, nach was sie eigentlich suchen. Eine ähnliche Entwicklung werden auch die diversen KI-Systeme machen und das mit Microsoft bereits jetzt eine KI im Officepaket zubuchbar ist, wird sein Übriges tun.

Agenturen und Künstler werden allerdings nicht arbeitslos werden. Zum einen gibt es da die philosophische Diskussion, ob KI nicht bestenfalls KI-Kunst fabrizieren kann, die eine Mischung aus zuvor entstandener menschlicher Kreativität ist. Zum anderen, tut mir leid liebe Buchhalter, BWLer oder Controller, die KI braucht die menschliche Kreativität immer noch als Ausgangspunkt, um zu wissen was sie erschaffen und in welche Richtung es überhaupt gehen soll.

Quelle:

1. https://www.presseportal.de/pm/58990/5698426


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