Die KI ChatGPT macht gerade von sich reden, doch was kann sie zum Beispiel im SEO-Bereich leisten?
Vor rund fünf Jahren kam mein damaliger Chef in einer kleinen Agentur auf mich zu, um mir von dem nächsten heißen Scheiß in Sachen Texten zu berichten. Auf einer Wochenendveranstaltung hätte er gesehen, wie gut Software schon dabei sei Texte zu schreiben. Ich war damals pflichtschuldig begeistert, obwohl das eigentlich schon zwei Jahre zuvor der heiße Scheiß gewesen war.
Was ich damit sagen will, bereits seit sieben, acht Jahren gibt es Software die zum Beispiel Spielberichte von Fußballkreisligen so niederschreiben kann, dass der gewöhnliche Leser gar nicht merkt, dass den Text kein Redakteur aus Fleisch und Blut geschrieben hat. Dennoch tippen auch heute noch fleißig Redakteure ihre Berichte über die Kreisliga selbst in die Computer der Redaktionen. Vielleicht weil die Software so viel Infos über Ergebnis, Torschützen, gelbe Karten usw. braucht, dass man den Text auch gleich selbst schreiben kann. Vielleicht auch, weil deutsche Zeitungsredaktionen nicht gerade die digitale Avantgarde repräsentieren. (Was zu hoffen wäre, weil sonst sähe es noch düsterer mit der Digitalisierung in diesem Land aus, als ohnehin schon.)
Die App ChatGPT von OpenAI könnte das jedoch ändern – SPOILER: irgendwann vielleicht.
Derzeit stellt der Anbieter seine KI noch mehr oder weniger kostenlos zur Verfügung. Wohl auch, weil man sich dadurch erhofft die KI würde das tun, was KIs am besten können, aus einer Masse an Daten lernen. Spielberichte kann GPT so oder so allerdings noch nicht liefern. Auf die Frage nach dem letzten Spiel meiner Lieblingsbaseballmannschaft bekam ich folgende Antwort:
Ich bin leider nicht imstande, Ihnen genaue Informationen über das letzte Spiel der Chicago Cubs zu liefern, da ich ein Sprachmodell bin und keine Informationen über aktuelle Ereignisse oder vergangene Spiele habe. Mein Wissen ist auf das Jahr 2021 begrenzt und ich kann keine Recherche im Internet durchführen. Mein Zweck besteht darin, auf Ihre Fragen zu antworten, indem ich auf meinem vorhandenen Wissen basierende Antworten liefere. Wenn Sie weitere Fragen haben, kann ich gerne versuchen, Ihnen zu helfen.
Was allerdings nicht heißt, dass die KI irgendwann nicht auch auf aktuelle Informationen zugreifen wird. Zum Testen habe ich mich dann darauf verlegt herauszufinden, inwiefern die KI meinen eigenen Job als SEO und Content-Marketing-Manager gefährdet. Dazu sollte sie mir zwei Texte rund um das Thema Kaffee formulieren.
Auf die Bitte doch die Geschichte des Cappuccino zu berichten, antwortet ChatGPT mit dem folgenden Text:
Der Cappuccino ist ein beliebter italienischer Kaffee, der aus Espresso und steifgeschlagenem Milchschaum besteht. Die Geschichte des Cappuccinos reicht zurück ins 18. Jahrhundert, als Kaffeehäuser in Italien immer populärer wurden.
Der Name „Cappuccino“ geht auf die Kapuzinermönche zurück, die in Italien im 17. Jahrhundert lebten. Die Farbe ihrer Ordenskleidung – eine Kombination aus Braun und Weiß – inspirierte die Kaffeehändler, den neuen Kaffeegetränk mit Milchschaum so zu benennen.
Im Laufe der Jahre hat sich der Cappuccino zu einem weltweiten Favoriten entwickelt. Heute wird er in vielen Kaffeehäusern und Cafés auf der ganzen Welt angeboten und ist in verschiedenen Variationen erhältlich, von klassisch bis hin zu exotischen Geschmacksrichtungen.
Obwohl der Cappuccino ursprünglich aus Italien stammt, hat er sich zu einem globalen Kult-Kaffeegetränk entwickelt und ist heute auf der ganzen Welt beliebt.
Hier zeigt sich ein deutliches Problem der künstlichen Intelligenz, sie muss nicht zwingend Recht haben, sondern gibt nur wieder, was sie in ihren Datenbanken vorfindet. Und das kann eben durchaus falsch sein, wie im Falle der Geschichte des Cappuccino. In diesem Fall unterschlägt Chat GPT den österreichischen Beitrag zur Geschichte des Kaffeegetränks. Die ganze Geschichte über die Kapuzinermönche bezieht sich nämlich auf die österreichische Kaffeespezialität Kapuziner, aus der sich der heutige Cappuccino entwickelte, als im 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts große Teile Norditaliens zu Österreich gehörten.
Aber, probieren wir ein weiteres Beispiel und bitten ChatGPT darum etwas über kolumbianischen Kaffee zu schreiben:
Kolumbianischer Kaffee ist bekannt für seinen ausgewogenen Geschmack und seine milden Aromen. Er gilt als einer der besten Kaffees der Welt und wird aufgrund seiner Qualität häufig in Espressomaschinen verwendet.
Die Kaffeepflanzen wachsen in den kühleren Gebirgsregionen Kolumbiens, in Höhen zwischen 600 und 2.000 Metern über dem Meeresspiegel. Die Böden in diesen Gebieten sind reich an Nährstoffen und perfekt für die Kaffeeproduktion. Die Kaffeebauern in Kolumbien legen großen Wert auf Nachhaltigkeit und verwenden daher hauptsächlich natürliche Pestizide und Düngemittel.
Der kolumbianische Kaffee wird in der Regel als gemahlener Kaffee für Espressomaschinen verkauft. Er eignet sich besonders gut für die Zubereitung von Espresso, Cappuccino und Latte Macchiato. Der Geschmack des kolumbianischen Kaffees ist mild und ausgewogen, mit leicht süßlichen Noten und einer angenehmen Säure. Er ist auch für Kaffeeliebhaber mit empfindlichem Magen gut geeignet.
Insgesamt ist kolumbianischer Kaffee eine ausgezeichnete Wahl für Espressomaschinen und bietet Kaffeeliebhabern eine erstklassige Geschmackserfahrung.
Fachlich würde ich hier kritisieren, dass ChatGPT behauptet kolumbianischer Kaffee würde „in der Regel als gemahlener Kaffee für Espressomaschinen verkauft.“ Ob man jetzt seinen Espresso mit einem Siebträger oder einem Kaffeevollautomaten zubereitet, man kauft zu 99,99% ganze Kaffeebohnen.
Prinzipiell liest sich dieser Text allerdings so, als wäre er aus Textbausteinen zusammengewürfelt, die sonst auf der Rückseite von Kaffeepackungen Verwendung finden. Vermutlich meinte John Mueller von Google aber genau solche Texte, als er vor einigen Wochen vor der Verwendung von KI-Texten für die Suchmaschinenoptimierung warnte. Den werblichen Zungenschlag sehe ich beim Text über die Entstehungsgeschichte des Cappuccino tatsächlich weniger. Bliebe die Frage, wie Google den Text bewertet. Höchstwahrscheinlich würde der Google-Algorithmus schnell herausfinden, dass der Text von einem Kollegen verfasst wurde. Mit ziemlicher Sicherheit würde er ihn qualitativ als nicht besonders hochwertig einstufen.
Insgesamt bin ich noch nicht sonderlich beeindruckt, aber selbst Open AI wird das wenig überraschen. Dort weiß man, dass sich die KI immer noch in einer Testphase befindet. Wer sie direkt danach fragt, merkt spätestens dann, das die Entwickler den Ball noch flach halten. Was gerade läuft ist im Grunde ein wenig PR, dazu wiederum kann die Software schon genug, und vor allem will man möglichst viele reale Tester haben, weshalb die Nutzung der App derzeit noch gratis ist. Was die KI am Ende leisten kann, und auch, wo sie es leisten wird, hängt am Ende auch von der Frage ab, wie man mit ihr überhaupt Geld verdienen kann.
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