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¯\_(ツ)_/¯

Kein Buchtipp: Die toxische Macht der Narzissten

Narzissmus ist eines der Themen unserer Zeit, über das fast noch weniger gesprochen wird, als über die um sich greifende Einsamkeit.

Sind wir eine narzisstische Gesellschaft? – Soweit würde ich nicht gehen. Wir sind aber ganz klar eine Gesellschaft, die Narzissten nach oben befördert. 

Unsere Gesellschaft fördert den Narzissten

Unzählige Angestellte und Arbeiter können ein Lied davon singen, wie es ist, unter einem Narzissten zu arbeiten. Spoiler: Und das ist nicht unbedingt das Geilste was dir im Berufsleben passieren kann. Narzisstische Chefs mangelt es oft an Empathie, was zu einer toxischen Arbeitsumgebung führen kann, in der Mitarbeiter sich nicht wertgeschätzt fühlen. Sie neigen dazu, die Leistungen anderer zu entwerten und sich selbst in den Vordergrund zu stellen, was das Arbeitsklima negativ beeinflusst. Zusätzlich können unfaire Behandlung und ständige Kritik das Selbstwertgefühl der Mitarbeiter stark beeinträchtigen.

Auch die französische Psychotherapeutin Marie-France Hirigoyen kommt in ihrem Buchtitel nicht ohne das Modewort “toxisch” aus – schließlich ist heute alles Negative toxisch. Und dennoch ist ihr mit ihrem bereits 2020 erschienen Buch Die toxische Macht der Narzissten und wie wir uns dagegen wehren kein besonders gutes Buch.

Billiger Anti-Amerikanismus

Es ist vor allem ein sehr französisches Machwerk, immerhin trieft es vor billigem Antiamerikanismus. Hirigoyen schiebt dem eigentlichen Buch ein Kapitel über Donald Trump ein, dessen erste Amtszeit in die Veröffentlichungszeit des Buches fällt. Das es eingeschoben ist, merkt der Leser schnell, weil das schlechte Lektorat die anschließenden Kapitel nicht ordentlich abgeglichen hat. Oder anders gesagt, man liest dort jene kurzen Absätze, die für das später eingefügte erste Kapitel die Inspiration waren.

Dabei hat Hirigoyen wahrscheinlich nicht mal eine Obsession für US-Präsidenten, dass diese eine größere Rolle spielen dürfte wohl eher daran liegen, dass die moderne Narzissmus-Forschung vorwiegend in den USA vor sich ging. Wenn auch oft von Psychiatern unternommen, die vor den Nazis nach Amerika flohen. Darauf zu den Guten zu gehören, legt die Französin dennoch großen Wert. So kommt George W. Bush genauso schlecht weg wie Trump, während sie die People Person Barack Obama tatsächlich als introvertiert sieht.

Sie stellt sich selbst als unprofessionell dar

Dabei mag ihre Analyse über Donald Trump – der wohl zweifellos ein Narzisst ist – gar nicht mal falsch sein. Falsch ist nur die Diagnose an sich, denn sie selbst schreibt, das ein professioneller Psychiater eine solche Ferndiagnose gar nicht stellen sollte. Sie hindert das selbst allerdings nicht daran.

Schwach ist mitunter auch die Tatsache, dass sie munter zwischen dem was ein Psychiater tut und dem was ein Psychologe tut hin und her springt. Für den Laien, der mit der Thematik nie zu tun hatte, ist das durchaus verwirrend.

Unterschiede zwischen Psychiater und (Psychologischem) Psychotherapeuten

MerkmalPsychiaterPsychologischer Psychotherapeut
AusbildungMedizinstudium + Facharztausbildung Psychiatrie und PsychotherapiePsychologiestudium (Master) + Weiterbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten
Medizinische BehandlungKann Medikamente verschreiben und körperliche Untersuchungen durchführenKann keine Medikamente verschreiben, keine körperlichen Untersuchungen durchführen
FokusBehandlung psychischer Erkrankungen mit medizinischem und psychotherapeutischem AnsatzBehandlung psychischer Erkrankungen und psychischer Belastungen mit psychotherapeutischen Methoden
BerufsbildArzt, Facharzt für Psychiatrie und PsychotherapiePsychologe mit spezifischer Weiterbildung, kein Arzt

Was dem Buch mehr oder weniger komplett fehlt, ist was der Untertitel verspricht. Der Leser erfährt, was den Narzissmus ausmacht. Er erfährt durchaus auch, dass es auch eine gute Art des Narzissmus gibt, der gleichbedeutend mit einem gesunden Selbstbewusstsein ist. Sie analysiert treffend wie sich der Narzissmus negativ auf unsere Gesellschaft auswirkt, eben auch besonders in der Arbeitswelt.

Was aber fehlt ist die geringste Handlungsempfehlung, wie man eben mit einem narzisstischen Chef umgehen sollte. Sicher ist es förderlich zu wissen, warum der Narzisst so ist wie er ist. Er ist der Skorpion, der dem Frosch in der Mitte des Flusses dann eben doch sticht, allein weil er ein Skorpion ist. Aber ebenso wie es dem Frosch nichts nützt, der gemeinsam mit dem Skorpion ertrinkt, hält Hirigoyen einen Ratschlag für den Angestellten bereit, wie er mit einem narzisstischen Chef umgehen kann. Wie er sich dessen Macht entziehen kann, oder wie er zumindest einen Weg finden kann, in dieser toxischen Beziehung selbst keinen psychischen Schaden zu nehmen. 

Das macht das Buch zwar informativ – aber wertlos.


Bild: KI generiert

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