matterne.eu

¯\_(ツ)_/¯

In Smartphone we trust

Berater und Autor Brian Tracy erzählt in seinem Bestseller Eat that Frog eine kleine Geschichte über eines der Kernprobleme unserer Zeit. Er war einmal auf einer Veranstaltung bei einem Essen mit Führungskräften und bemerkte, dass einige von ihnen zu beten schienen. Zumindest dachte er das die Leute beten würden, weil sie andächtig mit gesengtem Kopf nach unten sahen. Und da Glauben in den USA ja noch eine komplett andere Sache als hier bei uns ist, war das auch keine unrealistische Annahme.

Allerdings war es eine falsche Annahme, denn statt die Hände zum Gebet gefaltet, hielten sie ein Smartphone, in das die Manager andächtig starrten.

Gerade der religiöse Aspekt macht die Anekdote aus. Nicht das wir unsere Smartphones – oder die Technologie, die sie in der Geschichte repräsentieren – anbeten würden, oder ihnen unsere Kinder opfern möchten, aber nicht das Wort Technologieglaube bringt das Verhältnis vieler treffen auf den Punkt: Wir glauben an die Technologie, wie wir vor 200 Jahren noch an Gott geglaubt haben.

Und wie beim Glauben, unterscheiden sich auch hier zwei Hauptgruppen:

  • Die einen glauben an die Segnungen der Technologie, wissen aber, dass man auch selbst dazu beitragen und nach ihren Regeln leben muss.
  • Die anderen haben einen fast kindlichen Glauben daran, dass die Technologie es schon richten wird.

Gemein ist beiden Gruppen, dass sie ohne ihre Technologie wahrscheinlich hilflos wären. Sie wären vielleicht auch – wie der Gläubige, der nicht mehr an Gott glauben kann – verloren. So wie der Priester in Stephen King’s Salem’s Lot, der am Ende doch vom bösen Obervampir gebissen wird.

Kritiker dieser negativen Sichtweise werfen ein, dass der Mensch immer Technolgien verwendet hat. Ein Smartphone kann eben nur mehr, als ein Stock, Faustkeil oder Pfeil und Bogen. Mit dem Stock können wir allerdings auch noch Leute verdreschen, wenn nach der großen Sonneneruption mal keine funktionierende Steckdose zum Aufladen da ist.

Okay, vergessen wir die Untergangsszenarien besser. Und außerdem, ein Stock kann auch brechen oder verbrennen – oder sonst wie nutzlos werden.

Was uns eigentlich sorgen sollte, sind zwei Dinge:

  • Die Schwere der Abhängigkeit von Technologie, und
  • die Geschwindigkeit des Wandels.

Und mit der Geschwindigkeit meine ich nicht die Glücklichen, die nicht mehr mitkommen und den Auswirkungen der Technologie verschont bleiben. Es betrifft eher jene, die irgendwie mithalten, sich aber nicht schnell genug anpassen können und so immer mehr Selbstständigkeit aufgeben.

Deshalb sind viele Auswirkungen der Technologie-Nutzung auch noch nicht abzuschätzen, dass betrifft vor allem auch Kinder und Jugendliche. Das hören Tech-Freaks, die sich am liebsten Chips ins Hirn – da ist bei manchen ja noch Platz – pflanzen würden, aber das inzwischen ältere Geschwister für ihre jüngeren Geschwister schon Handyverbote fordern, sollte zu denken geben. Am Ende könnte uns aufgehen, dass wir der Technologie doch zumindest unsere Kinder opfern.

Doch was tun?

Ein radikales Verbot wird unterdessen wenig bringen. Dazu ist die Abhängigkeit von potentiell auch schädlichen Technologien schon zu groß.

Vielleicht sollten wir zurück zu Brian Tracy kommen, der diese Geschichte zu Illustration seines Ratschlages erzählte, E-Mailprogramme und Smartphones auszuschalten bzw. nur zu bestimmten Zeiten zu nutzen. Davon kann es Ausnahmen geben, dass weiß auch Tracy. Zum Beispiel sollten Eltern für ihre Kinder erreichbar sein, aber muss man bei jeder Kleinigkeit ans Telefon, wenn der Kollege wieder was will? Wer seine Mails nicht alle fünf Minuten checkt oder gleich auf jedes „Neue Mail“-Fenster anspringt, könnte die Chance haben seine Arbeit auch mal fertig zu bekommen.

In der Annahme, dass es sich mit weniger Technologie effizienter arbeiten lässt, klingt nur in den Augen von Software-Entwicklern für Kalender, Todo-Listen und anderen Tools wie ein Widerspruch.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert