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¯\_(ツ)_/¯

Filmkritik: Mickey 17 – Ein Veriss

Am Ende des Films kommt Mickey wieder ins Erzählen. Man denkt schon, Gott sei dank, das geht zumindest schneller, als würde es alles auf der Leinwand komplett gezeigt werden, was nach dem großen Finale noch passiert. Und dann kommt jene Traumsequenz, von der man nicht weiß, warum sie eigentlich da ist? Sollte ein endlos langer Film nochmal fünf Minuten länger werden? War Regisseur Bong Joon Ho so begeistert den aktuellen (grünen!) Hulk-Darsteller angeheuert zu haben, nur weil Lou Ferringo keine Zeit mehr hatte? Oder hatte die Schauspielerin, die aus irgendeiner Serie bekannt ist, an deren Namen sich nur Möchtegern-Mittelklasse-Frauen düster erinnern können, noch einen finalen Auftritt im Vertrag? (Anmerkung) Man weiß es nicht, man weiß auch nicht so recht, warum dieser Film schief gelaufen ist. Manche Dinge passieren halt einfach.

Dabei hätten zumindest Plot und Regisseur (Bong Joon Ho wurde international zurecht für “Parasite” gefeiert) beste Voraussetzungen gehabt. Am Ende ist aber eine Science-Fiction-Satire heraus gekommen, über die die NZZ zurecht schrieb, hier gehe es um alles und nichts. “Eher um nichts”

„Mickey 17“ ist dann auch der Beweis der alten These, je besser der Trailer, desto schlechte der Film.

Die Story: In nicht allzu ferner Zukunft muss Mickey (Robert Pattinson) als Expendable auf einer Kolonialisierungsmission im Weltall anheuern. Er ist der erste und einzige Expendable an Bord, denn dabei handelt es sich nicht unbedingt um einen Traumjob. Also wirklich, professionelle Katzenklosausleerer haben es besser getroffen. Als Expendable ist man sprichwörtlich entbehrlich. Und man stirbt dabei dann auch relativ recht häufig. Entweder weil die Mission gefährlich ist oder man als Versuchskaninchen für ein den Planeten von allen Ureinwohnern befreiendes Gas herhalten muss. Die gute Nachricht ist allerdings: Sobald man gestorben ist, wird man neu ausgedruckt und fängt von vorn an. (Na ja, nicht ganz genau, denn das Backup wird nur einmal in der Woche angelegt. Montag Backup, Sonntag sterben – dann fehlt einem halt nach dem nächsten Ausdrucken eine Woche.)

Aber dann – der Trailer verrät es schon – passiert, was passieren muss. Weil man den 17. Mickey für tot gehalten hat, wurde bereits die Version 18 gedruckt. Und das ist doof, denn obwohl das Führerpärchen der Mission keine Problem mit dem Klonen hat, müssen bei einem Duplikaten beide sterben. (Anmerkung 2)

Das könnte man jetzt ausarbeiten. Sozusagen Theseus Schiff, nur mit Menschen und der Frage nach der Seel. Kurz spricht der Film es in einer der eher unfreiwillig komischen Rückblenden sogar an, doch als Mickey 17 und Mickey 18 sich plötzlich Auge in Auge gegenübersehen, kommt ihre Freundin – mies gespielt von einer langweiligen Naomi Sarah Ackie – auf die Idee, doch einen flotten Dreier zu machen. Überhaupt hat man bis dahin nicht verstanden, warum der als totaler Loser charakterisierte Mickey nicht nur auf Nasha wirkt wie eine wieder ausgedruckter Don Juan. Aber vielleicht sind Loser in der nahen Zukunft ja die Womanizer schlechthin. Freunde der Sonne, es besteht Hoffnung.

Bleibt die Frage, warum der Film allgemein doch recht gut davon kommt. Die Kritiken sind mehrheitlich positiv, die Bewertungen auf den wichtigen Seiten liegen bei 4/5 bzw. 7/10 – also auch recht gut. Nur warum? 

Na ja, beim Publikum kann ich mir das erklären. Der Film stammt von einem Regisseur, der einen der besten Filme der vergangen 10 Jahre gedreht hat, und ist vor allem eine Satire, oder mehr noch eine Parabel. Und wenn man die nicht versteht, oder versteht und sie doof findet, tut man das, was man auch tut, wenn der Tee die übelste Plörre ist – man streckt den kleinen Finger ab. Warum? Weil man mal gehört hat, feine, intellektuelle Leute tun sowas. Das ist zwar Unsinn, weil man in diesen Kreise aufgehört hat sich mit dem kleinen Finger Nase und Ohren zu reinigen, und deshalb seine Teetasse normal hält, aber egal, man glaubt mit abgespreizten Finger klug rüber zukommen. 

Meme zu Mickey 17

… und Kritiker sind ja auch nur Menschen.

Natürlich ist nicht alles an “Mickey 17” schlecht. Es ist aber eben halt nur wenig gut. Der Film ist deutlich zu lang, dass er irgendwann zu nerven beginnt, lässt ihn aber vielleicht auch einfach nur länger erscheinen. Schauspielerisch ist Robert Pattinson am Ende der einzige, dessen Figur – wenn natürlich auch aufgrund der Tatsache, dass er die meiste Zeit des Films in doppelter Ausführung auf der Leinwand ist – noch am vielschichtigsten, die restlichen Charaktere sind flach und mit Schauspielern besetzt, die entweder nicht wollten oder nicht konnten. 

Die Grundfragen des Films hätten wie gesagt recht viel hergeben können, hätte man sich ihnen nicht nur einmal in einer Rückschau gestellt. Ansonsten hat der Koreaner Bong Joon Ho schön brav abgehakt, was man so in Hollywood heute haben muss, um finanziert zu werden. Aber eine erfüllte Diversity-Checklist macht eben noch keinen guten Film – in der Regel eher das Gegenteil. 

Zumindest war das Geld für Special Effects und Ausstattung recht gut investiert. Auch die triste, düster, erdrückende Atmosphäre des Raumschiffs kommt gut rüber. In diesem Kontext wirken selbst die Gefängniszellen, die kaum größer als Hühnerställe sind, fast realistisch. Es hat ein wenig Alien-Vibes, im Anklang an die Basis der Kolonisten in “Alien II – Die Rückkehr”. Die Aliens selbst, die den zu kolonisierten Planeten bewohnen, also strenggenommen die Menschen als Aliens betrachten sollen, wirken von der Ferne dagegen wie überdimensionierte Kellerasseln. Während die Big Mama – die offenbar sämtliche Kellerasseln dieses Planeten geboren hat und auf sie aufpasst, wie Papa Schlumpf auf alle anderen Schlümpfe aufgepasst hat – aus der Nähe ein wenig wie ein enthauptetes Mammut wirkt. 

Fazit: Wer auf intellektuell und voll schlau machen will, muss diesen Film nicht unbedingt sehen. Es genügt völlig sich die diversen pseudo-intellektuellen und schlauen Kritiken anzutun, auswendig zu lernen und aufsagen. Das gesparte Kinogeld kann man dann für einen wirklich guten Film ausgeben.


  • Anmerkung: Tatsächlich hat Toni Colette natürlich nie bei Poppen in the City oder den Gerne mehr korpulierenden Housewifes mitgespielt, wirkt aber wie aus einer dieser beiden hier prototypisch genannten Serien entsprungen.
  • Anmerkung 2: Warum man bei Duplikaten beide tötet, statt einen zu behalten und sich das Neuausdrucken zu sparen – Toner für geklonte Menschen ist ja sicher auch nicht billig – erschließt sich aus den kümmerlichen Versuchen den Filmplot ethisch zu untermauern nicht ganz.

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