Alexa, war’s das mit dir?

Amazon streicht Stellen bei seinem Alexa-Projekt. Steht die Sprachassistentin vor dem Aus?

Als die Kündigungswelle vor wenigen Wochen nach Twitter und Facebook auch Amazon erfasste, begannen manche in der Branche dann doch nervös zu werden. Denn auch wenn bei Amazon nicht alles rund läuft, von den Problemen wie bei Twitter oder Facebook ist man in Seattle doch noch weit entfernt. Bei näherer Betrachtung entspannte sich die Lage aber schnell wieder. Das Gros der Kündigungen betraf Mitarbeiter in der Logistik, die erst während der Coronapandemie eingestellt wurden, weil das Paketaufkommen rapide anstieg. Inzwischen normalisiert sich das Bestellaufkommen allerdings wieder und die herrschende Inflation lässt auch bei Amazon erwarten, dass die Verkaufszahlen weiter sinken werden.

Eines ging bei dieser Analyse allerdings vielleicht deshalb unter. Denn es gab eine weitere Sparte die überproportional von den Entlassungen betroffen war: Alexa

Alexa ist keine Erfolgsgeschichte für Amazon

Amazons Alexa findet sich selbst im neuen Technologien eher kritisch gegenüberstehenden Deutschland fast in jedem 5. Haushalt. Keine andere Sprachassistentin ist ähnlich beliebt. Microsofts mit Wumms auf den Markt gebrachte Cortana ist quasi nicht mehr existent, über Siri beschweren sich nur die iPhone-Nutzer und Google Assistant gibt es halt noch.

Alexa ist also ein großer Erfolg für Amazon? Nö, eigentlich nicht.

Alexa dominiert zwar den Markt, allerdings auch weil die Geräte in der Regel von Amazon subventioniert werden. Warum? Statt Heizungen zu regeln, Wissen zu vermitteln oder einfach Witze zu erzählen, soll Alexa eigentlich hauptsächlich eines machen: Käufe bei Amazon generieren.

Schon mal mit Alexa bestellt?

Vor ein paar Tagen war ich mit einer Freundin essen, die mir erzählte, dass ihre sehbehinderter Großvater fleißig mit Alexa Bestellungen versendet. Respekt, ich hab das nämlich noch nie gemacht. Und dass, obwohl ich bei Amazon guter Kunde bin und zwischenzeitlich schon mal bis zu drei Alexa-Speaker in der Wohnung hatte. Und scheinbar bin ich repräsentativer für den typischen Alexa-Besitzer als manche Großväter.

Die Kurzfassung des Problems lautet also, nach anfänglichen Kinderkrankheiten ist Alexa ein Super-Sprachassistent, Amazon macht damit aber kein Geld.

Und dieses Problem teilt Amazon auch mit Google, Apple oder Samsungs Bixby – kein Anbieter hatte bis jetzt die zündende Idee, wie mit Sprachassistenten Geld zu verdienen ist.

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Plumpe Werbung dürfte die Dienste zu unattraktiv machen, auch weil viele Angebote in den zugehörigen Appstores bereits werbefinanziert sind. Bliebe die Frage, ob die Nutzer für einen Sprachassistenten an sich eine beispielsweise monatliche Gebühr zahlen würden.

Hier hätte wiederum Amazon einen kleinen Vorteil, indem es Alexa in sein Prime-Portfolio integrieren könnte. Aktuell braucht der Nutzer zwar ein Amazon-Konto zum Einrichten des Speakers, aber eben keine kostenpflichtige Prime-Variante. Dank Spotify oder Netflix lässt sich auch ein großes Musik- oder Streamingprogramm ganz ohne Amazon-Content genießen. Die Produktentwickler waren was Fremdcontent angeht weit großzügiger als die Entwickler von Cortana und auch des Google Assistant. Eben weil die Monetarisierung über Käufe auf der Verkaufsplattform geplant war.

Letztlich hängt es aber von Können und Qualität des Sprachassistenten ab, ob genügend Leue dafür auch Geld ausgeben würden. Auf der Haben-Seite steht, dass – wie ich selbst bestätigen kann – die Kinderkrankheiten was beispielsweise Spracherkennung angeht bei Alexa und Google weitestgehend abgestellt sind. Auf der Soll-Seite – na ja, wer schon mal versucht hat eine Lampe mit vier LED-Birnen mit Alexa zu verknüpfen, weiß was ich meine. Smart Home ist diesbezüglich immer noch recht wenig smart. Klar kann man sein Licht im Wohnzimmer mit einem Sprachbefehl ein- und ausschalten. Vorausgesetzt man hat nicht zuvor frustriet aufgegeben jede Lampe einzeln mit einer Fremdapp auf dem Handy und diese dann mit der Alexa-App zu koppeln.

Allerdings bietet sich dann doch noch eine dritte Möglichkeit an, die auch Amazon Alexa gerade zu gehen versucht: die Integration als Sprachassistent in ein Angebot von Dritten. Konkret könnten künftige BMW-Besitzern die Stimme ihres Autos bekannt vorkommen. Nur wertet manch Branchenkenner die Kooperation schon als eine Verzweiflungstat von Amazon an, eben doch irgendwie mit Alexa Geld verdienen zu wollen.

Auf lange – oder besser schon mittlere – Sicht geht kein Weg daran vorbei, dass entweder irgendein Genie eine Methode finden muss, wie man mit Sprachassistenten Geld verdient, oder die Technologie so gut werden muss, dass man dafür Geld bezahlt.

Wenn ich wiederum Geld auf eine dieser beiden Möglichkeiten setzen müsste, dann wohl auf die zweite. Und auch hier sehe ich Amazon durchaus im Vorteil, denn zu den notwendigen Verbesserungen gehört zum Beispiel auch die Dinge im Smart Home wirklich smart zu machen. Sprich ins Angebot von Amazon etwa eigene Glühbirnen oder Thermostate aufzunehmen, deren Einrichtung mehr oder weniger automatisch von Alexa erledigt wird. Jetzt mag einer einwenden, aber sowas macht Google mit Nest doch schon. Ja, das stimmt, aber Google fehlt die passende Verkaufsplattform dazu. Und ganz ohne Marktmacht geht halt auch nix.

Das Problem, um einen solchen Weg zu gehen, müsste Amazon wesentlich mehr in die Sparte investieren und ein ganzes Produktuniversum um Alexa aufbauen. Und genau danach sieht es eben gerade nicht aus. Und mit dem Investitionsstopp steht Amazon nicht alleine da.

Microsofts Cortana dümpelt in Windows 10 und 11 zwar noch vor sich hin, in der neuesten Version muss man sie aber schon gezielt suchen – was für das Gros der Nutzer gleichbedeutend mit „Was ist eine Cortana?“ sein dürfte. Und bei Google steht die entsprechende Sparte nun auch nicht wirklich im Rampenlicht.

Dennoch werden Alexa und der Google Assistant wohl erst einmal nicht von heute auf morgen verschwinden. Beide Unternehmen können es sich noch immer leisten die Geräte nötigenfalls auch zu subventionieren, um den berühmten Fuß in der Tür des Kunden zu haben. Und in einer Welt, in der Daten noch immer als das neue Gold gelten, ist ein Datensammler in den Wohn- und Schlafzimmern der Menschen durchaus ein Argument für sich.


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